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55555

(Standard)

Vor rund hundert Jahren begannen meines Wissens Behinderte selbst den Begriff "Behinderter" gegenüber den damals üblichen Bezeichnungen wie "Krüppel" und dergleichen zu etablieren. Heute gilt der Begriff als anstößig, teils wird sachlich falsch behauptet der Begriff sei z.B. von den Nazis geschaffen worden.

Heute meinen viele Behindertenaktivisten der Begriff "Mensch mit Behinderung" sei besser als der Begriff "Behinderter", obwohl der Begriff sich (im Gegensatz zu "behinderter Mensch") rein sprachlich eindeutig nicht mit dem sozialen Behinderungsverständnis in Einklang bringen läßt. Man sagt ja auch nicht "Mensch mit Rassismus", wenn jemand Ziel einer fremdenfeindlichen Attacke wurde. Wie ist diese Begrifflichkeit eigentlich entstanden?

Vielleicht kann zu der Frage hier jemand etwas beitragen? Das fände ich erhellend.

Ein deutsches Sprichwort sagt: "Unter den Blinden ist der Einäugige König!" Aber dieses Sprichwort stimmt nicht: "Unter den Blinden kommt der Einäugige ins Irrenhaus!"

Heinz von Foerster
10.02.12, 17:59:57
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feder

(Standard)

Als Rechtlicher Begriff findet er meines Wissens tatsächlich erstmals bei den Nazis Verwendung
Zitat:
f) der Fürsorge für Tuberkulöse, für Geschlechtskranke, körperlich Behinderte, Sieche und Süchtige
Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. Juli 1934

"Mensch mit Behinderung" stammt meines Wissens aus der Mensch-zuerst-Bewegung, die in den 70ern in den USA ausgehend von behinderten Selbstvertretern begann. Begründet wird das oftmals damit, dass dadurch der Fokus nicht auf der Behinderung liege, sondern der Mensch als Individuum mehr Beachtung findet, da die Behinderung nur ein Aspekt unter vielen sei, der den Menschen ausmache.

Kritisiert wird das ja v.a. von Autisten und anscheinend auch Gehörlosen.
11.02.12, 11:35:32
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55555

(Standard)

Und was mich daran besonders interessiert, da ich es noch nicht weiß, ist, ob diese "Mensch zuerst"-Bewegung damals noch vom medizinischen Behinderungsverständnis ausging oder tatsächlich schon vom sozialen.

Als rechtlicher Begriff kam der Wortstamm schon früher vor, er bedeutete vor hundert Jahren ja soviel wie "verhindert sein" oder dergleichen und wurde ganz normal gebraucht. Erst durch die Selbstbezeichnung der Krüppel mit diesem Begriff ging die allgemeine Verwendung schließlich gegen null.

Ein deutsches Sprichwort sagt: "Unter den Blinden ist der Einäugige König!" Aber dieses Sprichwort stimmt nicht: "Unter den Blinden kommt der Einäugige ins Irrenhaus!"

Heinz von Foerster
11.02.12, 12:15:00
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feder

(Standard)

Ich bezog mich auf die rechtliche Verwendung des Begriffs in seiner heutigen Bedeutung.
11.02.12, 12:23:16
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55555

(Standard)

Interessant, hier sieht eine Rollstuhlfahrerin die Problematik des Begriffs, aber stuft ihn trotzdem nicht als diskriminierend ein. Weil man es ihr halt von Verbänden her so vermittelt hat? Logisch wirkt das auf mich nicht sonderlich:
Zitat:
Ich habe nichts gegen "Behinderter", finde aber "Mensch mit Behinderung" besser, weil der Mensch im Vordergrund steht und die Behinderung eine Eigenschaft ist - wie die Haarfarbe. "Behinderter Mensch" ist auch gut, weil es offen lässt, ob man behindert ist oder wird.

Quelle

Vielleicht spielt hier eine Rolle, daß Rollstuhlfahrer nicht selten ihre Zugehörigkeit erst im Laufe des Lebens erworben haben und sie selbst als persönliche Eigenschaft als negativ erleben? Das prägt ja wohl auch entsprechende Verbände.

Ein deutsches Sprichwort sagt: "Unter den Blinden ist der Einäugige König!" Aber dieses Sprichwort stimmt nicht: "Unter den Blinden kommt der Einäugige ins Irrenhaus!"

Heinz von Foerster
29.12.14, 12:41:44
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