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(Standard)

Aus dies ist ein grundlegend wichtiges Thema, da die Probleme von Geschwistern natürlich auch wieder auf Behinderte selbst zurückwirken:
Zitat:
Die Spastik des älteren Sohnes bestimmte den Alltag der Familie Macke – und prägte das Leben seines jüngeren Bruders. »Meine ganze Erziehung war auf ein behindertes Kind zugeschnitten«, sagt er.

Zu Hause oder bei Verwandten, in der Schule oder auf der Straße – Rücksicht zu nehmen war das erste Gebot. Das zweite hieß: keine Aufmerksamkeit erregen. In den fünfziger Jahren spukte die Nazi-Rhetorik von »Ballastexistenz« und »unwertem Leben« noch in den Köpfen. Da war es besser, sich zu verstecken. Einmal wollte Carl Wilhelm eine dieser grellgelben Regenjacken haben, wie sie andere Mitschüler trugen. Die Mutter redete ihrem Sohn den Wunsch wieder aus: »Wir fallen schon genug auf.«

Carl Wilhelm Macke akzeptierte den Einspruch, so wie er vieles schluckte. Dass er lieber keine Freunde mit nach Hause bringen sollte. Dass er beim Spielen nicht zu häufig gewann, weil sein Bruder schnell wütend wurde. »Ich bin doch auch noch da!«, schrie er manchmal in sich hinein. Es offen zu sagen, wagte er nicht. Die verordnete Dankbarkeit dafür, selbst gesund zu sein, verschloss ihm den Mund.

Fünfzig Jahre dauerte es, bis er seine Gefühle zu Papier brachte. Die Scham im Familienwappen überschrieb er den Text. Und wenn Carl Wilhelm Macke von früher spricht, braucht er mehrere Anläufe, bis er sich zu einer Aussage durchringt: »Manchmal glaube ich, unter der Behinderung meines Bruders mehr gelitten zu haben als er selbst.«

Heute muss niemand ein Kind mit einer spastischen Lähmung verstecken. Ein Geburtsfehler gilt nicht als »Gottesstrafe« wie im katholischen Cloppenburg der Nachkriegszeit, wo die Mackes wohnten. Doch nach wie vor verlangt ein behindertes Kind allen Familienmitgliedern Beträchtliches ab, auch den nicht behinderten Geschwistern.

Quelle

Eine interessante Frage ist auch die nach der Einordnung dieser Diskriminierung.

Nehmen wir an ein hetrosexueller Freund eines Schwulen wird in der Öffentlichkeit diskriminiert, weil er einen Schwulen begleitet. Würde man das nicht als schwulenfeindliche Diskriminierung einordnen, auch wenn der Freund gar nicht selbst schwul ist?

Ist in diesem Sinne nun die Mitdiskriminierung von Geschwistern selbst auch eine Behinderung?

Ein deutsches Sprichwort sagt: "Unter den Blinden ist der Einäugige König!" Aber dieses Sprichwort stimmt nicht: "Unter den Blinden kommt der Einäugige ins Irrenhaus!"

Heinz von Foerster
25.03.12, 18:21:39
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